From Almora To Amrum
Alexander Wolff, Arthur Laidlaw, Aura Rosenberg, HP Zimmer, Hannah Sophie Dunkelberg, Heike-Karin Föll, Kamilla Bischof, Martin Disler, Michaela Eichwald, Mitchell Anderson, Nico Ihlein, Nikolas Gambaroff, Núria Fuster, Shirley Jaffe, Sophie Reinhold, Tony Just
6 March–3 April, 2021
Arthur Laidlaw
Scottish Bather, 2020
gouache, acrylic and oil on linen
170 x 140 cm

From Almora to Amrum ist eine Reise, die nie stattgefunden hat: eine unsichtbare und unmögliche Linie zwis- chen zwei Malereien: Alice Rahons Almora (1943) ist eine Darstellung einer Stadt im Himalaja und Amrum (1970) ist HP Zimmers Luftbild der Nordseeinsel, von einem Leuchtturm aus gesehen.

Rahon reiste 1937 nach Indien, wo sie sich von Darstellungen der Devi inspirieren ließ. Obwohl sich ihre Arbeit oft um Weiblichkeit dreht, wich sie einer einfachen Kategorisierung aus. Als sie gefragt wurde, welcher Kunstschule sie angehört, antwortete sie: „Ich glaube, ich bin eine Höhlenmalerin.“ In den ersten Zeilen eines ihrer Gedichte drückt sie ihre Frustration mit Einengung und Beschränkung aus: „I file the bars of my invisible prison / I sigh like horses sigh.” („Ich feile an den Gittern meines unsichtbaren Gefängnisses / ich seufze wie Pferde seufzen“). Wie bei vielen Arbeiten von Rahon untersucht dieses Gedicht die Legitimität von Kate- gorisierungen sowie die Spannung zwischen Gefangenschaft und Selbstbestimmung in Frage. Ähnlich wie die Gitterstäbe eines unsichtbaren Gefängnisses zeigt Zimmers Darstellung von Amrum auch Klaustrophobie und Gefangenschaft. Die Häuser liegen zu nahe beieinander und das „gefährliche, geölte Wattenmeer” – das Wasser steht hier so hoch am Horizont, als drohe es überzulaufen – ist mit geisterhaften Radierungen überla- gert; ein Experiment der Liminalität.

Verschiedene Perspektiven einnehmend träumt From Almora to Amrum von unmöglichen Reisen – Reisen, die uns mehr an Eingrenzung als an Freiheit erinnern; sei es die Reise zu einem bedrohlichen, gefährlichen Meer oder die Sehnsucht nach Heimat, wie in Martin Dislers Darstellung eines Odysseus, der, an Ithaka denkend, zu verschwinden scheint. Sophie Reinholds untitled besteht aus Marmorpulver, das, wenn auch pulverisiert, an antike griechische Skulpturen erinnert. Eine weitere verzögerte Heimkehr.

Wie fühlt es sich an, „wie Pferde zu seufzen“? Die zweite Zeile aus Rahons Gedicht geht vom Tier aus, es kehrt den Anthropomorphismus um: Der Seufzer eines Pferdes bewegt uns zwischen menschlicher und nichtmen- schlicher Welt. Es ist ein Bild, das sowohl von organischen als auch anorganischen Medien gebildet wird. Diese Form von Anthropomorphismus tritt erneut in Aura Rosenbergs Collagen auf, in denen, auf verschiedenen Per- gamentebenen, Mädchen und Stier aufeinander und sich in den Armen liegen. Die Stierkreatur erinnert an das Labyrinth des Minotaurus und wirft zusätzliche Fragen der Beschränkung und Selbstbestimmung auf. Darüber hinaus bringen Rosenbergs Bilder ein weiteres Thema ein, nämlich die Bedeutung von Schichten und Texturen, die in der gesamten Ausstellung unter anderem als Wachs, Graphit und Gold auftreten.

From Almora to Amrum sinniert darüber, wo die Grenzen von Lesbarkeit, Verstehbarkeit und Identität liegen und zwar mit einer formalen Verspieltheit, die an Rahon, die „Höhlenmalerin“, erinnert: Nikolas Gambaroffs schwere, enkaustische Linien; Nuria Fusters tiefe Prussian Blue Kompositionen; Hannah Sophie Dunkelbergs glänzende, sich hervorwölbende Esstisch-Fantasien; Nico Ihleins fast körperliche Skulptur; die spirituellen, in verschiedenen Goldtönen Spiritual Allegories von Tony Just; Heike-Karin Fölls dicht geschichtetes Ölgemäl- de; eine Disney-Rose, die von Mitchell Anderson leicht mit Enkaustikwachs umrandet wurde; Shirley Jaffes malerische, dezentrierte Arbeiten als Experimente mit Form und Energie; Arthur Laidlaws leicht verborgene Backgammonspielerin und schlendernde Badegäste; Alexander Wolffs überlagerte chinesische Schriftzeichen; Kamilla Bischofs tretendes Pferd; Michaela Eichwalds halbgeformtes, als feeling betiteltes Gesicht; HP Zim- mers Porträt einer Frau in einem scheinbaren Käfig. Jede der Arbeiten in From Almora to Amrum untersucht die Auflösung von Paradigmen – Mensch / Tier, Heimat / Reise, figurativ / materiell, Beschränkung / Freiheit – um an ihrer Stelle Platz für Rhythmus zu schaffen.

Martin Disler
Odysseus denkt an Ithaka, 1992
150 x 110 cm
HP Zimmer
Amrum vom Leuchtturm aus, 1970
oil on canvas
130 x 100 cm (framed)
Alexander Wolff
2 x BEAUTIFUL, 2020
oil on canvas
100 x 80 cm
Alexander Wolff
2 x GARBAGE III, 2020
oil on canvas
100 x 80 cm
Alexander Wolff
2 x NOT, 2021
oil on canvas
100 x 80 cm
Arthur Laidlaw
Backgammon, 2020
gouache, acrylic and oil on linen
120 x 100 cm
Aura Rosenberg
In This One Place the Means to Satisfy Every Appetite, 2020
vellum, drawing paper, watercolor, pencil and marker
60 x 42 cm, 70 x 50 cm (framed)
Shirley Jaffe
Untitled, 1958
mixed media on paper
75 x 55 cm, 85,5 x 56,6 cm (framed)
Aura Rosenberg
I Seemed to Understand Their Secret Will to Abolish Space and Time, 2020
vellum, drawing paper, watercolor, pencil and marker
45 x 35 cm, 70 x 50 cm (framed)
Alexander Wolff
pizza, 2020
oil on canvas
140 x 120 cm
Nikolas Gambaroff
Untitled (Beckmann), 2020
encaustic charcoal and pigment on board
100 x 70 cm (framed)
Kamilla Bischof
Memory Foam, 2020
oil and spray paint on pleather
84 x 186 x 6 cm
Tony Just
Regret, 2021
oil on canvas
200 x 150 cm
Nikolas Gambaroff
Systemtheorie, 2021
encaustic charcoal and pigment on board
100 x 70 cm
HP Zimmer
Stehende Frau, 1968
oil on canvas
120 x 101 cm (framed)
Mitchell Anderson
Rosebud (Vendémiaire), 2020
encaustic on cradled panel
160 x 120 x 8 cm
Sophie Reinhold
untitled, 2018
oil, marble, powder and graphite on canvas
200 x 160 cm
Hannah Sophie Dunkelberg
Der gedeckte Tisch No. 2, 2021
polystyrene
100 x 60 x 5 cm
Michaela Eichwald
feeling, 2008
oil on canvas
23 x 17 cm, 44 x 37 cm (framed)
Heike-Karin Föll
spoon noodle moon, 2020
oil and pastel powders on canvas board
23 x 29 cm
Nico Ihlein
hands folded like falling stars pulling rose flower behind the car park, 2011
mixed media
30 x 20 x 20 cm
Núria Fuster
Prussian Blue 02, 2021
watercolour and digital print on 300g paper
29,7 x 21 cm, 34 x 25 cm (framed)
Núria Fuster
Prussian Blue 06, 2021
watercolour and digital print on 300g paper
29,7 x 21 cm, 34 x 25 cm (framed)
Núria Fuster
Prussian Blue 03, 2021
watercolour and digital print on 300g paper
29,7 x 21 cm, 34 x 25 cm (framed)
Hannah Sophie Dunkelberg
Der gedeckte Tisch No. 1, 2021
polystyrene
100 x 60 x 5 cm
Alexander Wolff
surface-value, 2020
oil on canvas
150 x 130 cm
Arthur Laidlaw
Eugene's Record Den, 2021
gouache, acrylic and oil on linen
170 x 140 cm
Tony Just
Spiritual Allegory (iridescent pale gold, rich gold and Renaissance gold), 2020
graphite, acrylic and oil paint on canvas
50 x 70 cm