Marte Eknæs
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28 November–20 February, 2021
Marte Eknæs
Bollard (David), 2020
powder coated steel bollards, MDF, epoxy
h= 154 cm (bollard 89 x 10 cm, plinth 65 x 65 x 65 cm)

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen eine Reihe von Pollern sowie Wartungswerkzeuge, Isoliermaterialien und aufblasbare Objekte. In der Stadt aufgestellt dienen die einheitlich kleinen Poller als Unterbrechung: um Verkehr zu begrenzen oder Durchgang zu behindern. Das bunte Pollerensemble von Marte Eknæs macht auf ihre individuellen Strukturen und Macharten aufmerksam.

Marte Eknæs manipuliert ihre Materialien in unterschiedlichem Maße. Mit der Zeit setzt sie verschiedene Elemente so oft zusammen, wie sie sie auch wieder auseinandernimmt. Dabei saugt das Material Informationen auf, die Arbeiten werden anpassungsfähig und übernehmen viele Rollen: Aktivator, Bindeglied, Besetzer, Behältnis, Kommunikator, Körper und Material. Die Installation ist an sich ein System; das System ist mehr als eine Ansammlung von Objekten.

Wie ein gezogener Zahn nimmt ein verschobenes Element Bezug auf seinen Ursprungs- und Verwendungsort; der beabsichtigte Zweck lässt sich noch an ihm ablesen. Das vergangene Leben des Objekts zeigt sich in Markierungen und Spuren. Doch während es seine ursprüngliche Bedeutung behält, fehlt ihm der Kontext, um seine Funktion zu verwirklichen. Marte Eknæs betont die Instabilität der Ortsspezifität und hinterfragt somit quasi die Idee der Zugehörigkeit. Die Autorin und Kunstkritikerin Kirsty Bell fasste diese Dynamik im Gespräch mit der Künstlerin zusammen: „Trotz der materiellen Spezifität deiner Skulpturen wirken sie wie Köder, durch die man zu anderen, allgemeineren Anliegen oder Schwierigkeiten kommt, die durch Assoziation sichtbar werden“, worauf Eknæs hinzufügte: „und auch durch Übertreibung.“

2008 schrieb Marte Eknæs ihr erstes Temporary manifesto (Temporäres Manifest) mit dem Untertitel strategies for new work (Strategien für neue Arbeiten). Seitdem hat die Künstlerin den Text mehrfach abgeändert und überarbeitet. Die verschiedenen Versionen skizzieren die formbare Morphologie ihrer künstlerischen Ideen und verfolgen deren anschließende Weiterentwicklung. “Systems created will be corrupted.” („Geschaffene Syteme werden korrumpiert werden.“) (2008) wurde zum Beispiel erst zu “Systems established can be corrupted.”(„Etablierte Systeme können korrumpiert werden.“) (2009) und dann umgeändert in “The work is a system.”(„Die Arbeit ist ein System.“) (2010). Manche Ideen leben länger als andere. Was zunächst als “All the works will be reversible.” („Alle Arbeiten werden umkehrbar sein.“) (2008) betitelt wurde, durchlief mehrere Stadien: “The work is temporary. It can be changed, moved or removed when it has become an integral part of its environment.” („Die Arbeit ist temporär. Sie kann verändert, bewegt oder entfernt werden sobald sie zum integralen Bestandteilt ihrer Umgebung geworden ist.“) (2009), “The work creates situations that can be continuously transformed and translated, not awareness which is singular and shortsighted.” („Die Arbeit schafft Situationen, die kontinuierlich transformiert und übersetzt werden können, keine singuläre und kurzsichtige Erkenntnis.“) (2012)— und gipfelte, möglichweise, in “Flexible ideas, like flexible materials will over time turn brittle.” („Flexible Ideen, wie flexibles Material, wird mit der Zeit brüchig.“) (2016).

Während das Manifest ursprünglich als Leitfaden für neue Arbeiten diente, wurde es später zu einem Rahmen, um kritische Fragen zu Objektivität, Politik und Ortsspezifität zu stellen. Die späteren Untertitel des Manifests Formlessness (Formlosigkeit), Flexibility (Flexibilität) und isolation/absorption (Isolation/ Integration) beschreiben den wiederholten Einsatz der Künstlerin, neue Konfigurationen von Ideen und Objekten herzustellen. Es zeigt eine künstlerische Position, die sich ständig in Zweifel stürzt und den „instabilen Boden“untersucht, auf dem das zeitgenössische Leben stattfindet. Für eine Künstlerin, die überwiegend mit dem Medium Skulptur arbeitet, ist es keine leichte Aufgabe, die konzeptionelle und skulpturale Stabilität ihrer Objekte konsequent loszulassen.

Marte Eknæs verbindet die Melancholie, die ihrem Beharren auf Vergänglichkeit innewohnt, mit dem Optimismus des sofortigen Handelns. Sie formt, korrumpiert und verdrängt. Der Hauptort ihrer Überlegungen ist die Stadtlandschaft. Der öffentliche Raum, wie diese Künstlerin ihn sieht, ist eine Bühne für das Fortschreiten des Kapitalismus: „Städte sind besetzt und unterliegen der Politik der Besetzung und damit grundsätzlich einem Kampf um Raum.”

Marte Eknæs
POPS, 2010
bicycle rack, etched glass, MDF, epoxy
h= 97 cm (plinth: 42 x 39.5 x 88 cm, bycicle rack including glass: 55 x 68 x 88 cm)
Marte Eknæs
Associate, 2020
brushed aluminium, antistress ball
each panel 280 x 36 x 4 cm ( two panels in total)
Marte Eknæs
Public Hygiene, 2018
polypropylene brushes, tubing, rope, washer
h= 150 cm, ø 51 cm
Marte Eknæs
Insular Circular Perpendicular, 2020
foamglass, lacquer
60 x 12 x 45 cm
Marte Eknæs
Insular Circular, 2020
foamglass, lacquer
60 x 45 x 12 cm
Marte Eknæs
Bollard (Berlin 1), 2020
powder coated steel bollard, MDF, epoxy
h= 159 cm (bollard 89 x 17 cm, plinth 70 x 30 x 30 cm)
Marte Eknæs
Bollard (Brussels), 2020
painted steel bollard, MDF, epoxy
h= 141 cm (bollard 81 x 25 cm; plinth 60 x 60 x 60 cm)
Marte Eknæs
Bollard (Oslo), 2020
stainless steel bollard, MDF, epoxy
h= 100 cm (bollard 70 x 25 x 25 cm, plinth 30 x 30 x 60 cm)
Marte Eknæs
!, 2020
PVC, air rope, carabiner
h= 236 cm, ø 50 cm
Marte Eknæs
Excerpt 3, 2020
rainforest marble, engraving
32.5 x 109.5 x 2 cm
Marte Eknæs
Excerpt 2, 2020
rainforest marble, engraving
44 x 74 x 2 cm
Marte Eknæs
Coenzyme, 2020
brush drawing on aluminium
56 x 38 cm
Marte Eknæs
Irrational Judgement, 2020
brush drawing on aluminium
56 x 38 cm
Marte Eknæs
Affiliation 1, 2020
brush drawing on aluminium
56 x 38 cm
Marte Eknæs
Affiliation 2, 2020
brush drawing on aluminium
56 x 38 cm